Gemeinde-Konzeption

Mit dieser Konzeption haben wir versucht, den realistischen Blick auf unsere Gemeinde und unseren Stadtteil mit unseren Wünschen und Zielen für eine lebendige und offene Gemeinde zu verbinden. Sie dient als Fundament und Konzeptpapier für unsere tägliche Arbeit.

Die Situation vor Ort – Essen Altendorf – ein besonderer Standort inmitten der Ruhrmetropole

Mit über 22.000 Einwohner*innen gehört Altendorf zu den bevölkerungsreichsten Stadtteilen in Essen. Über 92 Nationen leben an diesem Ort mit seiner besonderen Tradition als ehemals zentralem Standort der Krupp-Werke. Im Vergleich zu den Bewohner*innen anderer Stadtteile ist das Durchschnittsalter der Altendorfer*innen mit 38,7 Jahren vergleichsweise jung. Altendorf gehört seit etlichen Jahren zu den Stadtteilen mit der höchsten Arbeitslosenquote in Essen. Rund 37% der Einwohnerinnen beziehen existenzsichernde Leistungen. Im Blick auf den biografischen Hintergrund hat knapp die Hälfte aller Einwohner*innen einen Migrationshintergrund, Tendenz steigend. So beträgt der Anteil an Kindern und Jugendlichen im Alter von 0 – 17 Jahren aktuell 20,6%. Insgesamt zeigt sich, dass der Anteil an deutschstämmigen Bewohner*innen über die Jahre rückläufig bzw. der größte Anteil der deutschstämmigen Bewohner*innen über 65 Jahre alt ist. Durch den Zuzug vieler Mitbürger*innen aus den unterschiedlichsten Nationen leben in Altendorf aktuell Menschen aller großen Weltreligionen weitgehend friedlich zusammen. Zum Erhalt und für den Ausbau eines friedlichen Zusammenlebens im Stadtteil wurde Altendorf Teil des Förderprogramms „Altendorf Soziale Stadt 1994 – 2014“. Darüber hinaus unterstützt die Stadt Essen seit 2018 den Stadtteil im Rahmen des integrierten Stadtteilentwicklungskonzepts „starke Quartiere – starke Menschen“ sowie seit 2020 durch das Essener Integrationskonzept „Zusammenleben in Vielfalt“. In Kooperation mit anderen Akteuren setzt sich die Stadt für eine allgemeine Verbesserung des Wohnumfelds ein und hat die Gestaltung des Niederfeldsees, den Bau des Kruppparks sowie den Ausbau des Radschnellwegs Ruhr auf den Weg gebracht. Weitere Neubaugebiete sind in der Umsetzung bzw. in der Planung, wie z. B. die Projekte „Wohnen im Krupppark“, „Quartier 51“.

Die Lutherkirchengemeinde in Essen – Altendorf

Die Lutherkirchengemeinde wurde 1877 gegründet. Als zentrales Gotteshaus wurde die Christuskirche in der Röntgenstraße 1903 eingeweiht. Das Grundstück war ein Geschenk der Firma Krupp an die Gemeinde. Eine weitere Geldspende der Firma Krupp ermöglichte den Kirchbau. Anfang des 19. Jahrhunderts wuchs die Gemeinde stark an und erlebte die Wirren des 1. Weltkriegs. Im 2. Weltkrieg wurde die Kirche fast vollständig zerstört und nach dem Krieg mit vereinten Kräften der Menschen im Stadtteil wieder aufgebaut. Die Schließung der Kruppwerke markierte einen deutlichen Einschnitt im Stadtteil und führte durch einen verstärkten Zuzug von Menschen mit Migrationshintergrund zu einer veränderten Sozialstruktur im Stadtteil. Dies bedeutete für die evangelische Lutherkirchengemeinde einen steten Rückgang der Gemeindeglieder (vgl. hierzu auch die Sozialraumanalyse des Diakoniewerks Essen 2021). Aktuell leben rund 4.500 evangelische Christ*innen in Altendorf. Hiervon sind ca. 700 Kinder und Jugendliche im Alter von 0 – 25 Jahre. Die sonstigen Gemeindeglieder verteilen sich auf die Altersgruppen der 26 – 40 Jährigen mit rund 1.200 Gemeindegliedern sowie auf die Altersgruppe der 41 – 60 Jährigen mit rund 1.300 Personen. In der Alterspanne der 60 – 85 Jährigen sind ebenfalls rund 1.300 Gemeindeglieder gemeldet. Als Evangelische Kirchengemeinde nehmen wir diese Entwicklung im Stadtteil und den Rückgang der Gemeindemitgliederzahlen sehr bewusst wahr und suchen nach Wegen, um respektvoll unseren Glauben von der menschenfreundlichen Botschaft Gottes in den Stadtteil und zu den Menschen zu bringen.

„Kirche im Stadtteil“ – Ziele und die Schwerpunkte der Gemeindearbeit in den kommenden Jahren

Die Christuskirche – ein zentraler Begegnungsort in Altendorf. Die Christuskirche ist der zentrale Ort evangelischen Glaubens in Altendorf und ein beliebter Treffpunkt im Quartier. Viele Menschen nehmen die Christuskirche und den Christuskirchplatz als besonderen Ort im Stadtteil wahr. Dies liegt zum Teil an den vielfältigen Gottesdiensten, die mit Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen in der Christuskirche gefeiert werden, aber auch an den unterschiedlichen kulturellen Veranstaltungen in der Christuskirche.
So wurde bei der Neugestaltung des Kirchraums (Fertigstellung 2012) darauf geachtet, dass kulturelle Angebote in der Christuskirche möglich sind. Bei diesen kulturellen Veranstaltungen nimmt die Kirchenmusik seit vielen Jahren eine herausragende Stellung ein. So verantwortet eine A-Musikerin die gesamten kirchenmusikalischen Angebote der Gemeinde, leitet den Gemeindechor und den Flötenkreis, gestaltet die musikalische Früherziehung der Kitakinder, vernetzt sich mit dem ehrenamtlich geleiteten Posaunenchor und koordiniert die Konzerte mit erstklassigen Musiker*innen über den Stadtteil hinaus. Dieses musikalische Angebot werden wir zukünftig weiter ausbauen und sammeln aktuell in einem breit angelegten Fundraisingprojekt für den „(Konzert-) Flügel für Altendorf“.
Darüber hinaus stellt der sogenannte Christuskirchplatz (= Vorplatz der Christuskirche und im Eigentum der Stadt Essen) einen attraktiven Aufenthaltsort für die Anwohner*innen dar. Hier treffen sich Menschen aus der gesamten Nachbarschaft zum Gespräch sowie Kinder und Jugendliche zum Fußballspiel. In den Pausenzeiten nutzen die Schüler*innen der Gesamtschule Bockmühle diesen Platz als Treffpunkt. Leider gab es in der Vergangenheit immer wieder Probleme bei der Müllbeseitigung und auch das Fußballspiel forderte seinen Tribut an eingeschossenen Fensterscheiben in der Christuskirche. Um die Nachbarschaft enger zu verknüpfen und um mehr Verantwortung bei der Nutzung des Platzes zu schaffen, ist für 2022 eine Kooperation mit der Stadt Essen und der Bezirksvertretung III geplant. In einem dialogischen Prozess mit den Anwohner*innen und Nutzer*innen soll der Christuskirchplatz als Ort der Begegnung und Erholung weiterentwickelt werden. Angedacht ist es, weitere Sitzgelegenheiten und Orte der Begrünung zu schaffen sowie regelmäßig stattfindende Begegnungsangebote mit unterschiedlichen Akteuren im Stadtteil zu eröffnen.
Es ist uns als Gemeinde wichtig, mit den Menschen vor Ort nach Wegen guter Nachbarschaft zu suchen, sich generationsübergreifend stärker zu vernetzen und miteinander das Zusammenleben zu gestalten. Auf diesem Weg bietet die Kirchengemeinde neben projektbezogenen Angeboten vielfältige lebenspraktische und seelsorgliche Hilfen in Kooperation mit der Diakonie an. Im Rahmen dieser Angebote spielt aber auch die Auseinandersetzung mit gesellschaftspolitischen Themen sowie ein verantwortlicher Ausbau der Digitalisierung eine wichtige Rolle. Insgesamt geht die Lutherkirchengemeinde in den kommenden Jahren verstärkt auf alle Menschen im Stadtteil zu, um als „Kirche im Stadtteil“ sichtbar zu sein.

Die Altersgruppen der Kinder und Jugendlichen

Auf dem Weg zu einer „Kirche im Stadtteil“ wird die Kirchengemeinde die Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen ausbauen. Aktuell findet die Kinder- und Jugendarbeit in der viergruppigen Evangelischen Kindertagesstätte Ohmstraße / Familienzentrum und im Rahmen der Konfirmand*innenarbeit sowie in den Kontakten zu den drei Grundschulen vor Ort statt. In der Evangelischen Kindertagesstätte Ohmstraße / Familienzentrum werden wöchentlich religionspädagogische Angebote durchgeführt und regelmäßig Gottesdienste gefeiert. Ökumenische Gottesdienste mit den Grundschulen sind seit vielen Jahren selbstverständlich, der Ausbau von interreligiösen Angeboten im Stadtteil wird aktuell vor allem mit der katholischen Gemeinde und der DITIB Moschee entwickelt. Ziel dieser Religionsgemeinschaften ist es, langfristig eine verlässliche und breit aufgestellte ökumenische und interreligiöse Arbeit in den Schulen und im Stadtteil anzubieten. In den Sommerferien 2021 haben kleine Ferienangebote „rund um die Christuskirche“ gezeigt, wie gut diese Formate von den Kindern und Jugendlichen im Quartier angenommen werden.
Solche Formate gilt es weiter auszubauen und in die Gestaltung des Christuskirchplatzes sowie in die Entwicklung der Angebote im Jugendbereich des Gemeindezentrums Ohmstraße einzubeziehen. Auf diesem Weg wird in 2022 ein offenes Elterncafé mit Kinderbetreuung unter fachlicher Begleitung eröffnet, um Müttern, deren Kinder keinen Platz in einer Kindertagesstätte bekommen haben, einen Begegnungsraum und ggfs. Beratungsangebote zu eröffnen. Darüber hinaus sind wir mit der Evangelischen Jugend in Essen im Gespräch, um weitere Angebote für die Kinder und Jugendlichen im Stadtteil zu entwickeln.
Als Evangelische Kirche ist es uns wichtig, dass unsere Arbeit für alle Kinder im Stadtteil offen ist. Eine dezidiert evangelische Arbeit findet im Rahmen der Konfirmand*innenarbeit statt. Für den partizipativen Auf- und Ausbau der Arbeit mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen in den kommenden Jahren stehen die dafür notwendigen Räumlichkeiten im Gemeindezentrum Ohmstraße zur Verfügung. Personell wird die Anstellung einer Diakon*in angestrebt, um die Kinder und Jugendlichen, aber auch die jungen Erwachsenen in der Gemeinde und im Stadtteil zielgruppenspezifischer zu erreichen und mit unseren Werten und dem evangelischen Glauben ins Gespräch zu bringen. Zur Finanzierung dieser Stelle hat sich das Presbyterium der Lutherkirchengemeinde (= Gemeindeleitung) entschlossen, die im kommenden Jahr neu zu besetzende Pfarrstelle des 1. Pfarrbezirks nicht mit einem Pfarrer*in zu besetzen, sondern deren Finanzmittel für die Einstellung einer Diakon*in im
gemeinsamen pastoralen Amt zu verwenden. Inwieweit diese Stelle in Kooperation und mit Hilfe einer Ko-Finanzierung durch die Stadt eingerichtet werden kann, ist zu klären. Allgemein zeigt sich ein großer Bedarf an qualifizierten Angeboten für Kinder und Jugendliche im gesamten Stadtteil. Diesen Bedarf sehen wir und fühlen uns den Kindern und Jugendlichen im Stadtteil verpflichtet, um als Evangelische Kirche in diesem multikulturellen Stadtteil sichtbar zu sein.

Die Altersgruppen der Erwachsenen

Die Altersgruppe der 26 – 40 Jährigen:
Die Altersgruppe der 26 – 40 Jährigen ist mit rund 1.200 Gemeindemitgliedern eine weitere wichtige Gruppe in der Gemeinde. In dieser Altersspanne treffen wir neben den Eltern der Kindergartenkinder die Eltern der Konfirmand*innen ebenso an, wie die Student*innen der Universität Essen-Duisburg. Diese Erwachsenen leben z. T. in familiären Strukturen, in WGs oder in Single-Haushalten.
Für sie alle haben wir genügend Platz in unseren beiden Gemeindezentren und ein großes Interesse, dass diese Altersgruppe bei uns Heimat findet und einen Ort, an dem es sich gut zusammenleben lässt. Mit ihnen gemeinsam Formate zu entwickeln, die für sie interessant und lebensstärkend sind, ist ein weiteres Ziel unserer zukünftigen Gemeindearbeit. Auf diesem Weg streben wir aktuell einen stärkeren Kontakt mit den Eltern der Konfirmand*innen an und laden sie ein, sich mit ihren Gaben einzubringen.
Eine weitere wichtige Zielgruppe unserer Arbeit sind Christ*innen mit afrikanischen Wurzeln sowie Christ*innen, die im Rahmen der Flüchtlingswelle nach Altendorf gekommen sind. Sie alle bringen ihre eigene spirituelle Tradition ein, die uns bereichert.

Die Altersgruppe der 41- 60 Jährigen
Diese Altersgruppe ist mit rund 1.300 Gemeindegliedern ähnlich stark wie die Gruppe der jüngeren Erwachsenen und der Senior*innen. Eine genauere Analyse und Befragung dieses Personenkreises steht aus. Möglicherweise gibt es Überschneidungen mit den Interessen anderer Altersgruppen.

Die Altersgruppe ab 60
Die Arbeit mit Senior*innen ist seit vielen Jahren ein Herzstück gemeindlicher Arbeit der Lutherkirchengemeinde. Dies zeigt sich u. a. daran, dass die Gemeinde zwei Seniorenwohnheime (Ohmstraße 5-11 und Grieperstraße 19-21) mit rund 100 Wohneinheiten besitzt. Eine Gemeindeschwester mit voller Stelle betreut die Bewohner*innen der Ohmstraße im Rahmen von Gruppenstunden und begleitet sie bei alltagspraktischen Fragen. Ein Hausmeister unterstützt ihre Arbeit. Im Seniorenwohnheim in der Grieperstraße ist die Hausmeisterin „die gute Seele“ und Ansprechpartnerin für viele Belange der Bewohner*innen sowie der Ehrenamtlichen am Haus. Zukünftig gilt es, diese Arbeit – in verstärkter Zusammenarbeit mit anderen Akteuren im Stadtteil (Stadtteilbüro, 60+ Zentren, der Diakonie) – weiterzuentwickeln.
Hierbei wird die Differenzierung in die Altersgruppen der jungen, mittleren und hochbetagten Senior*innen eine wichtige Rolle spielen. Um hier die Bedarfe und Interessen kennenzulernen, läuft derzeit eine Befragung der Bewohner*innen in der Ohmstraße. Die Befragung der Bewohner*innen in der Grieperstraße wird folgen. In der alltäglichen Arbeit wird deutlich, wie wichtig die Arbeit der Ehren- und Hauptamtlichen für die Gemeindearbeit ist. Die Arbeit der Ehrenamtlichen in der Kirchengemeinde auszubauen und verlässlich zu begleiten, ist ein weiteres Anliegen in den kommenden Jahren.

Die Vision der Evangelischen Lutherkirchengemeinde Essen – Altendorf

Die Evangelische Lutherkirchengemeinde Essen-Altendorf lebt aus dem Wort Jesu Christi: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts vollbringen“ (Joh 15,5). Mit dieser Zusage vertrauen wir darauf, dass Jesus Christus selbst seine Kirche baut. Gestärkt durch diese Verheißung setzen wir uns mit Humor und Zuversicht dafür ein, dass Gottes Menschenfreundlichkeit seelsorglich und lebenspraktisch in Altendorf gelebt wird und unser Zusammenleben bestärkt.

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